Persönliche Ausrüstung im TestMützen zum Segeln

Michael Rinck

 · 19.11.2022

  Winterliche Temperaturen mit eisigem Ostwind sorgten für harte Testbedingungen an der Elbe
Foto: YACHT/J. Kubica
Bildergalerie: 19 Segelmützen und ihr Testergebnis

Wir haben 19 warme Kopfbedeckungen aus Kunstfasern und aus Wolle getestet. Drei überzeugten und sind Tipps für die Nebensaison

Der sprichwörtlich kühle Kopf soll helfen, schwierige Situa­tionen zu meistern, kalt sollte er aber keinesfalls werden. Das geht selbst in den warmen Monaten der Saison schnell, wenn starker Wind weht oder während einer Nachtfahrt. Im Frühjahr und Herbst dagegen gehört eine wärmende Kopfbedeckung fraglos zum Standard an Bord. Immerhin hat der Kopf eine recht große Oberfläche von rund sieben bis zehn Prozent des Gesamtkörpers und trägt ungeschützt schnell zum Auskühlen bei.

So wichtig dieser kleine Ausrüstungsgegenstand ist, so unterschätzt ist er auch. Eine Mütze hat ja jeder, auch Nichtsegler. Aber die Pudelmütze, die für den Spaziergang langt, entpuppt sich an Bord vielleicht als ungeeignet, weil durch die großen Maschen der Wind ungehindert an die Kopfhaut weht. Deswegen haben wir diverse Modelle für einen Vergleichstest ausgewählt und dabei auch Produkte für andere Sportarten mit einbezogen.

Das sollte bei der Auswahl einer Mütze beachtet werden

Grobe Strickmuster isolieren besser, außer bei Wind, dann pfeift es durch die weiten Maschen
Foto: Yacht/J. Kubica

Kunstfasern vs. Naturfasern: Welche Mütze hält besser warm?

Grob unterteilen lässt sich das Testfeld zudem in Produkte aus Kunststoff und Naturfasern. Herrschen bei der Mehrzahl der Mützen Acryl und Polyester vor, so gibt es im zweiten Teil der Tabelle das Testmaterial aus Wolle. Eine Ausnahme bildet dabei lediglich die Mütze von Gill, die eigentlich überwiegend aus Kunstfasern besteht, aber auch einen Wollanteil hat.

Wollfasern haben spektakuläre Eigenschaften, die selbst Hightech-Kunststoffe nicht mitbringen. So stößt ihre Oberfläche Wasser ab, das Faserinnere kann aber Feuchtigkeit auf­nehmen. Dadurch fühlt sich Wollgewebe, auch wenn es feucht ist, noch trocken an und reguliert so das Klima im Kleidungsstück, eine natürliche Atmungsaktivität.

Zudem ist Wolle natürlicherweise antibakteriell, und es entstehen nicht so schnell schlechte Gerüche. Und wenn doch, lassen sie sich einfach durch Lüften entfernen. Zwei weitere Pluspunkte, die die Kaufentscheidung beeinflussen können: Wolle ist ein nachwachsender Rohstoff, und im Gegensatz zur Kunstfaser gelangt beim Waschen kein Mikroplastik in die Umwelt.

Allerdings gibt es auch Nachteile. Nicht jeder mag das Gefühl von Wolle auf der Haut, sie kann etwas kratzig sein. Außerdem sind beim Waschen (wenn auch selten) besondere Hinweise zu beachten, damit die Fasern nicht verfilzen oder gar schrumpfen. Und Wolle kann pillen, also kleine knotenartige Fusseln bilden.

Sven Promer von Rymhart erklärt es so: Der bekannte Troyer und die Mützen des Unternehmens würden aus Überzeugung zu 100 Prozent aus Wolle hergestellt. Viele andere Hersteller veredeln die Wolle, um sie normal waschbar zu machen und das Pillen zu verhindern. Das bedeute jedoch in vielen Fällen, dass der Wollfaden mit einem feinen Polymer-Netz ummantelt wird. Die Naturfaser wird mit Plastik beschichtet und büßt damit aber auch einige positive Eigenschaften ein. Bei der Mate­rial­angabe ist der (geringe) Kunststoffanteil häufig nicht ausgewiesen. Ist das Klei­dungs­­stück bei 40 Grad waschbar, ist davon auszugehen, dass die Wolle mit Kunststoff beschichtet ist. Im Testfeld trifft dieser Verdacht auf die Mütze von Icebreaker zu.

Der Hersteller der Mütze von Ortovox geht einen anderen Weg: Hier wurde im Stirn-Ohr-Bereich ein dünnes Futter aus Fleece und Merino eingenäht, so soll Kratzen vermieden werden.

Ein weiterer Unterschied zwischen den Materialien besteht in der Verarbeitung der Fasern: Grobe Strickmuster umschließen mehr Luft und isolieren besser. Paradoxerweise fühlen sie sich aber bei Wind doch kälter an, weil der Wind durch die groben Maschen dringt. Hier sind Mützen mit feinerem Strick, mit doppelt gelegter Wolle oder mit zusätzlich eingenähtem Futter deutlich besser geeignet.

Wasserdichte Folie knistert an den Ohren

Für den Alltag an Bord ist auch ein Umschlag am Mützenrand von Vorteil. Der kann zusätzlich heruntergeklappt werden, so reicht die Kopfbedeckung noch weiter über die Ohren. Wenn lange Haare zum Zopf gebunden sind, kann das hilfreich sein. Außerdem lässt sich die herunter­geklappte Krempe als Schlafmaske für die Augen verwenden.

Einige Mützen, darunter die Modelle von Sealskinz, Plastimo und Marinepool, haben zwischen Obermaterial und Futter eine wasserdichte Folie. Diese kann bei Bewegungen am Ohr knistern. Dieser Nachteil ist gegen den Vorteil der Wasserdichtigkeit abzuwägen. Wenn bei Regen die Kapuze des Ölzeugs über die Mütze gezogen wird, ist Wasserdichtigkeit nicht entscheidend. Dennoch kann die Kopfbedeckung nass werden. Besonders bei den Modellen aus Strick und Wolle reichte im Test die zehnstündige Trockenpause bei Zimmertemperatur nicht aus, um alle Feuchtigkeit zu entfernen. Deswegen empfiehlt es sich, für längere Törns bei kaltem Wetter eine zweite Mütze mitzuführen.

Test in der Praxis und im Labor

Die Testbedingungen waren hart, zwei Grad Celsius betrug die Lufttemperatur beim Ermitteln des Wärmeempfindens. Dazu setzten sich die Tester auf das Oberdeck einer Hamburger Hafenfähre. Zum leichten, aber kalten Ostwind addierte sich die Geschwindigkeit der Fähre. Schnell zeigte sich, welche Mütze gut isoliert und wo kalte Luft durchkommt. Um diesen subjektiven Eindruck mit reproduzierbaren Daten zu untermauern, machten wir Bilder mit einer Infrarotkamera. Statt des Kopfes, dessen Temperatur sich je nach der zuvor getesteten Mütze ändern kann, wurde ein wassergefüllter Ballon im einem speziellen Wasserbad zum Entwickeln von Filmen exakt auf 37 Grad erhitzt. Wurde die Mütze über den Ballon gestülpt, drückten wir genau nach zwei Minuten auf den Auslöser.

Die Bilder bestätigten den subjektiven Eindruck, besonders die grobe Strickmütze von Rymhart und das Modell von SVB beziehungsweise Niemeyer zeigten hier Schwächen. Die sehr dünnen Mützen von Icebreaker und das Infinium Beanie von Musto sind eher für schweißtreibende Aktivitäten geeignet und nicht als Warmhalter bei Schietwetter gemacht.

Die Wasseraufnahme- und Trocknungseigenschaften wurden durch Wiegen bestimmt. Nach dem Wiegen der neuen Mütze wurde diese in Wasser gelegt, anschließend ausgewrungen und wieder gewogen. Das zusätzliche Gewicht entspricht der im Gewebe verbliebenen Wassermenge. Über Nacht wurden alle Mützen bei Zimmertemperatur zehn Stunden lang getrocknet. Danach war in den meisten Modellen noch reichlich Feuchtigkeit enthalten; erst am Ende des Tages waren alle Produkte trocken. Da die dicken, warmen Mützen auch besonders viel Wasser aufnehmen, gab es in dieser Kategorie für sie Punktabzüge. Allerdings wurde das Trocknungsverhalten mit 10 von insgesamt 100 Punkten nicht hoch gewichtet.

Die Passform hat ein höheres Gewicht in der Wertung. Die maximale Punktzahl von 30 gab es, wenn die Mütze angenehm am Kopf anliegt und dabei auch die Ohren gut bedeckt.

Segel-Mützen: Wer ist der Testsieger?

Insgesamt schnitten zwei Modelle besonders gut ab: Die Fleece-Rollmütze von Crazy4Sailing und die Activ Polar von Plas­timo, beide erreichten 96 Punkte. Das Produkt von Crazy4Sailing ist mit 11,90 Euro zudem preislich sehr attraktiv und überzeugte mit einem superweichen Fleece­futter. Dichtauf folgt die MPX Fleece Lined Cap. Sie hat Ohrenklappen und punktete besonders bei kaltem Wind.

Einen dritten Testsieger-Titel bekam die feine Strickmütze von Rymhart in der Ka­tegorie Naturfaser. Sie ist durch die engen Maschen und das doppelte Gewebe superwarm sowie winddicht und durch feine Merinowolle auch angenehm weich. Zudem ist sie lang genug, um die Ohren und wenn gewünscht sogar die Augen zu be­decken. Bei Rymhart gibt es die Mützen außerdem in unterschiedlichen Längen. Nur Musto, Marinepool, Sealskinz und zum Teil auch die Modelle von Crazy4Sailing gibt es in verschiedenen Größen; alle anderen sind in einer Einheitsgröße zu haben.

Preislich bewegen sich die Modelle zwischen 10 und 50 Euro. Mit 35 Euro sind die Rymhart-Mützen eher als teuer zu bezeichnen. Knapp 50 Euro kosten nur die Produkte von Ortovox und das MPX Fleece Lined Cap von Musto. Trotzdem zählen Mützen zu den günstigen Ausrüstungsteilen.

Da die Testbedingungen wirklich strapaziös waren, sind mit Ausnahme der sehr dünnen Pocket Hat und der Infinium sämtliche Kandidaten geeignet. Bei der Auswahl kann also auch der Geschmack entscheiden. Für den Test spielten modische Aspekte oder die Farbgebung keine Rolle.

So haben wir getestet

Passform, Isolation, Dichtigkeit gegen Wind und Trocknungsverhalten sind die wichtigen Punkte für den Test. Passform und Wärme sind subjektive Werte, die wir durch mehrere Tester und zusätzlich Infrarottechnik möglichst allgemeingültig bewertet haben. Bei let­zerem Punkt kam ein wasser­gefüllter Ballon zum Einsatz, der immer auf exakt die gleiche Temperatur erhitzt wurde. So war die Reproduzierbarkeit gewährleistet. Das Trocknungsverhalten wurde durch drei­faches Wiegen ermittelt: Die neue Mütze, die nasse (aus­gewrungene) Mütze und nach zehn Stunden Trocknung.

Mützen aus Kunstfasern

Mützen aus Naturfasern