KommunikationWie das iPhone 14 auch auf See per Satellit Hilfe rufen kann

Jochen Rieker

 · 21.12.2022

Kommunikation: Wie das iPhone 14 auch auf See per Satellit Hilfe rufen kann
Wenn kein Mobilfunkempfang möglich ist, kann das iPhone 14 Notruf-Nachrichten per Satellit an die Rettungsleitstellen absetzen – eine Funktion, über die so noch kein anderes Smartphone verfügt

Für Segler bieten Apples Smartphones der Modellreihe iPhone 14 eine bisher einzigartige Funktion. Das Notruf-SOS über Satellit funktioniert auch jenseits der Küste und außerhalb der Mobilfunknetze

Der IT-Konzern im kalifornischen Cupertino hat einmal mehr seine Technologieführerschaft unter Beweis gestellt. Alle Typen der neuen iPhone-14-Modellreihe* verfügen über eine Satelliten-gestützte Notruf-Funktion. Sie wurde im November erstmals für die USA freigeschaltet und steht seit Mitte Dezember auch für Nutzer in Deutschland, Frankreich, England und Irland zur Verfügung. Nach und nach sollen weitere Länder hinzukommen.

Bei „Notruf SOS“ handelt es sich um eine textbasierte Benachrichtigungsfunktion, die entweder direkt an Rettungsleitstellen geht oder über von Apple geschulte Notfall-Spezialisten weitergeleitet wird.

Bisher war unklar, ob der Service auch auf See gilt. Und obwohl Apple keine konkreten Angaben macht über die Abdeckung der gängigen Seegebiete durch den Satellitendienst, bestätigte ein Sprecher gegenüber der YACHT zumindest eingeschränkt, dass Segler auf die neue Sicherheitsfunktion bauen können.

Notruf SOS über Satellit funktioniert in küstennahen Gewässern, in denen Rettungsdienste tätig sind.“

Gleichwohl schränkte er ein: „In internationalen Gewässern ist Notruf SOS über Satellit aktuell nicht verfügbar.“ Diese Zurückhaltung erscheint nachvollziehbar. Gerade zum Start eines im Ernstfall kritischen Dienstes will sich der Hersteller nicht mit Zusagen exponieren, die im Zweifel zu Haftungsansprüchen führen könnten.

Technisch zumindest ist die Reichweite der Satellitenkommunikation weitaus größer. Apples Notruf SOS basiert auf dem Netzwerk von Globalstar, das zwar nicht die Pol-Regionen umfasst, aber etwa 80 Prozent der Welt abdeckt – darunter nahezu die gesamte Nord- und Ostsee, weite Teile des Mittelmeers und Teile des Nordatlantiks.

Weltweite Abdeckung des Globalstar-Satellitennetzwerks (orange: gute Verbindung, grau: eingeschränkter Empfang)
Weltweite Abdeckung des Globalstar-Satellitennetzwerks (orange: gute Verbindung, grau: eingeschränkter Empfang)

Die YACHT wird zum frühestmöglichen Zeitpunkt Reichweitentests durchführen. Aber selbst wenn die Funktion zunächst auf den küstennahen Bereich beschränkt sein sollte, kann das iPhone 14 helfen, die auf See mitunter erheblichen Lücken der Mobilfunknetze zumindest teilweise auszufüllen.

„Notruf SOS macht die Notfallkommunikation über Satellit zugänglicher, was sehr interessant ist“, sagt etwa Gary Machado, Chef der European Emergency Number Association. „In der Praxis bedeutet dies, dass viel mehr Menschen die 112 erreichen können, wenn sie keinen Mobilfunkempfang haben und dringend Hilfe benötigen. Wir sind zuversichtlich, dass dies viele Leben retten und den Rettungsdiensten bei der Bewältigung der oft sehr komplizierten Einsätze eine große Hilfe sein wird.“

So funktioniert Notruf SOS über Satellit

Die Aktivierung ist einfach: Es reicht, lange sowohl die Einschalttaste als auch die Lautstärketaste gedrückt zu halten. Alternativ kann man auch fünfmal schnell die Einschalttaste drücken. Daraufhin führt das iPhone 14 die Nutzer über eine einfach zu bedienende Oberfläche zum Aufbau einer Satellitenverbindung, sofern kein Mobilfunk zur Verfügung steht.

Ein paar kurze Fragen helfen, mit wenigen Fingertipps lebenswichtige Informationen zu liefern, die in der ersten Nachricht an die Disponenten übermittelt werden, damit diese sich schnell ein Bild von der Situation und dem Standort des Anwenders machen können. Anschließend zeigt das iPhone den Benutzern grafisch an, wohin sie das Gerät ausrichten müssen, um eine Verbindung herzustellen. Das ist wichtig, weil die Globalstar-Satelliten die Erde mit hoher Geschwindigkeit umkreisen, also nicht permanent gleich gut erreichbar sind. Steht die Verbindung, wird der Notruf automatisch gesendet.

Diese Nachricht enthält Antworten auf die Fragen nach dem Standort, der Zahl der Verletzten, aber auch Angaben zum Standort, zum Batteriestatus des iPhones und dem Notfallpass, falls dieser hinterlegt ist. Sie wird ebenso wie die Folgemeldungen direkt über Satellit an Vermittlungszentralen weitergeleitet. Das Transkript kann auch an die Notfallkontakte der Nutzer weitergeleitet werden, um diese auf dem Laufenden zu halten, was allerdings ein iPhone mit Betriebssystem-Version iOS 16.1 oder höher voraussetzt sowie die Nutzung von iMessage.

Apple hat eigene Komponenten und Software entwickelt, die es dem iPhone 14 ermöglichen, sich mit den Frequenzen der Globalstar-Satelliten zu verbinden, ohne dass eine sperrige Antenne benötigt wird. Darüber hinaus ist ein Algorithmus zur Textkomprimierung programmiert worden, der die durchschnittliche Größe von Nachrichten auf ein Drittel reduziert, damit die Übertragung so schnell wie möglich erfolgt.

Demo-Modus zum Üben der Notruf-Funktion

Mit Notruf SOS über Satellit können bei guten Bedingungen Nachrichten in nur 15 Sekunden gesendet oder empfangen werden. Ein eigenes Demo-Programm bietet Erstanwendern die Möglichkeit, die Verbindung zu testen, indem sie sich bei einem Satelliten in Reichweite anmelden, ohne den Notdienst anzurufen. So können sie sich mit dem Dienst in Ruhe vertraut machen.

Die neue Funktion ermöglicht neben Notrufen auch, seinen Standort über Satellit zu teilen, sofern kein Mobilfunknetz verfügbar ist. In der iPhone-App „Wo ist?“ öffnet man dazu den Tab „Ich“, wischt nach oben, um „Mein Standort über Satellit“ auszuwählen, und tippt anschließend auf „Meinen Standort teilen“. Die Satellitenverbindung des iPhone 14 funktioniert auch mit anderen Sicherheitsfunktionen des Geräts und der Apple Watch, wie beispielsweise Unfallerkennung und Sturzerkennung.

Der Service „Notruf SOS über Satellit“ steht allen Besitzern der neuen iPhone-14-Modelle von Apple zur Verfügung. Er ist für die ersten zwei Jahre seit der Freischaltung in Deutschland kostenlos, also noch bis Dezember 2024. Welche Gebühren danach für die Nutzung anfallen, ist noch nicht bekannt.

Wie wichtig dem IT-Konzern der Dienst ist, lässt sich am Investitionsvolumen ablesen. Apple hat 450 Millionen Euro für die Funktion bereitgestellt. Bis zu 80 Prozent der Globalstar-Kapazität sollen langfristig für Notruf SOS über Satellit genutzt werden. Damit wird der Netzwerkbetreiber, der bislang stets ein wenig im Schatten der Konkurrenz von Inmarsat, Iridium und Thuraya stand, zu einem zentralen Player der Satellitenkommunikation.

Ein kompletter Ersatz für Iridium-Telefone oder GPS-Tracker wie Garmins inReach*, die ebenfalls Textnachrichten per Satellit verschicken können, ist Apples iPhone-Erweiterung freilich nicht. Denn die Akkulaufzeit ist geringer als bei dedizierten Sat-Geräten, und private Nachrichten über das Befinden der Crew lassen sich damit einstweilen nicht absetzen.


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