RechtWenn die Yacht umkippt – wer haftet für Schäden im Winterlager?

Jan Zier

 · 29.09.2022

Recht: Wenn die Yacht umkippt – wer haftet für Schäden im Winterlager?Foto: Lee Sails
Der Herbststurm „Christian“ hatte 2013 große Schäden in den Freilagern verursacht

Neues Urteil: Betreiber von Winterlagern haften für Schäden an Booten – sie schulden eine „ordnungsgemäße Aufbewahrung“

Wird ein Schiff in seinem Winterlager unsachgemäß verwahrt, so haftet der Lagerbetreiber auch dann, wenn seine Vereinbarung mit dem Eigner als „Mietvereinbarung“ deklariert wurde. Das hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht entschieden. Im konkreten Fall ging es um eine Oceanis 43, die beim Orkan „Christian“ im Oktober 2013 in einem Freilager in Wendtorf vom Lagerbock gefallen war. Eine der Stützen bohrte sich in den Schiffsrumpf, es entstand ein Sachschaden von über 100.000 Euro.

Den beglich die Bootskaskoversicherung des Eigners – und verklagte dann den Betreiber des Winterlagers. Zunächst ohne Erfolg, das Landgericht wies die Klage ab. Die Richter stuften den Vertrag als bloße Miete ein. Besondere Verwahrpflichten oblägen dem Lagerbetrieb daher nicht. Zumal das Landgericht weder einen Mangel des Stellplatzes oder des Lagerbocks noch eine Fahrlässigkeit des Lagerbetreibers als gegeben ansah. Eine Haftung sei aufgrund der AGBs des Lagerbetreibers ausgeschlossen.

Das Oberlandesgericht hob diese Entscheidung nun auf (Az. 16 U 114/21). Begründung: Hier sei nicht von einem Miet-, sondern von einem Lagervertrag auszugehen. Das ergebe sich aus der tatsächlichen Handhabung. Deshalb schulde der Lagerbetreiber dem Eigner die „ordnungsgemäße Aufbewahrung“ seines Bootes. Nach Auffassung des OLG handelte der jedoch „grob fahrlässig“: Die Yacht sei seitlich kaum abgestützt gewesen, obwohl man an der Ostsee mit starkem Seitenwind rechnen müsse. Überhaupt sei die Lagerung des Schiffes „von vornherein in höchstem Maße unfachmännisch“ gewesen, so die Richter. Zwar hatte der Eigner das Boot mit einer Plane abgedeckt, was die Windlast erhöht. Für die Richter war das aber kein Grund, ihn mitverantwortlich zu machen.

Lagern Vereine Boote für den Winter ein, gilt anderes. Darauf weist Versicherungsanbieter Pantaenius hin. Die Haftung für einen Verein sei nicht mit der eines Betriebs vergleichbar. Voraussetzung sei zudem stets ein schuldhaftes Verhalten des Betreibers.

Experte: „Wegweisendes Urteil“

YACHT sprach mit dem Rechtsantwalt Benjamin Grimme über die Bedeutung dieses Urteils

Welche Bedeutung hat diese Gerichtsentscheidung aus Ihrer Sicht, Herr Grimme?

Es ist sicherlich ein wegweisendes Grundsatzurteil – und hat die Rechte der Bootsbesitzer, die ihre Yachten im Winter einlagern, deutlich gestärkt.

Was ist das Besondere an diesem Urteil?

Bei einem Lagervertrag muss sich der Betreiber des Winterlagers – anders als bei einem bloßen Mietvertrag – entlasten, also im Schadensfall nachweisen, dass die Ursache nicht von ihm zu vertreten ist. Da werden von den Gerichten hohe Anforderungen gestellt. Sonst muss der Lagerbetreiber haften. Das gilt auch dann, falls etwa die Lagerhalle in Flammen aufgeht. Ob es sich im konkreten Fall um einen Lager- oder um einen Mietvertrag handelt, muss man aber im Einzelnen anhand des Vertragstextes entscheiden. Wenn Eigner nur eine fest umrissene Fläche mieten, wie bei einem Autostellplatz, und keine Zusatzleistungen des Lagerbetreibers in Anspruch nehmen, ist eher von einem Mietvertrag auszugehen.

In welcher Höhe haften Lagerbetreiber?

Unbegrenzt. Allerdings nur für den Zeit-, nicht für den Neuwert des Bootes.

Was bedeutet das Urteil für Eigner, die gar keine Bootskasko-Versicherung haben?

Auch sie können in so einem Fall den Lagerbetreiber beziehungsweise dessen Haftpflichtversicherer in Regress nehmen, wenn ihr Boot dort zu Schaden kommt. Wer sich nicht außergerichtlich einigen kann, muss aber einen Rechtsstreit in Kauf nehmen. Die Versicherung hat im Schadensfall ein Sonderkündigungsrecht. Nach unserer Erfahrung wird es aber selten ausgeübt.

Können die Lagerbetreiber nun einfach ihre Klauseln ändern, um der Haftung aus dem Weg zu gehen?

Das ist zwar möglich, aber dem sind enge Grenzen gesetzt. Eigner dürfen in einem solchen Falle nicht unangemessen benachteiligt werden.

  Benjamin Grimme, 57, ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Grimme & Partner. Er ist spezialisiert auf Yacht-KaskoschädenFoto: Privat#
Benjamin Grimme, 57, ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Grimme & Partner. Er ist spezialisiert auf Yacht-Kaskoschäden

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